
Die Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau – Haft und Erziehung für Jugendliche in der DDR
Das zuweilen unmenschliche Rechtssystem und die nicht selten drakonischen Strafen in der Deutschen Demokratischen Republik sind ausführlich dokumentiert worden. Doch das gilt zumeist nur für Sanktionen, die sich gegen Erwachsene richteten. Häufig übersehen wird dabei leider, dass auch Kinder und Jugendliche zum Opfer des staatlich angeordneten Zwangs werden konnten. Und das nicht nur bei nachgewiesenen Straftaten, sondern auch im Rahmen der von der SED als dominierender Partei vorgegebenen Richtlinie für die Erziehung. Über die Haft und die vermeintlichen Besserungsmaßnahmen für Minderjährige berichtet die Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof in Torgau.Ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte
Als Jugendwerkhof wurden in der DDR jene geschlossenen Einrichtungen bezeichnet, in denen Jugendliche nicht nur wegen begangener Verfehlungen inhaftiert wurden, sondern in denen sie zugleich über Schulunterricht, einer Arbeit sowie die politische Indoktrinierung zu einem wertvollen Mitglied der Gesellschaft geformt werden sollten. Die dabei angewandten psychischen und physischen Zwangsmaßnahmen sowie die missbräuchliche Anwendung der Macht durch die Aufseher haben aber ein ganz eigenes Kapitel an Grausamkeiten entstehen lassen. Der Grund für die Einrichtung solcher Jugendwerkhöfe lag ab den frühen 1960er Jahren im Wunsch einer Gleichschaltung der Bürger – gegen jede nur denkbare Abweichung sollte möglichst früh eingeschritten werden.In Torgau inhaftiert waren somit nicht nur minderjährige Straftäter, sondern auch solche Jugendlichen, die gegenüber ihren Eltern und Lehrern durch eine mangelhafte Disziplin oder eine fehlende Motivation für den Schulunterricht aufgefallen waren. In einigen Fällen wurden die Wegnahme von den Erziehungsberechtigten und die Einweisung in den Jugendwerkhof aber bereits dann angeordnet, wenn die Jugendlichen sich nichts hatten zuschulden kommen lassen – jedoch aufgrund verhaltensauffälliger Freunde in ihrem persönlichen Umkreis als gefährdet eingestuft wurden.
Zwischen 1964 und 1989 in Betrieb
Der Jugendwerkhof in Torgau öffnete 1964 seine Tore, nutzte dabei aber ein Haupthaus und mehrere Gebäude, die bereits in der Zeit zuvor als Gefängnis für Jugendliche errichtet worden waren. Der gesamte Komplex besteht somit einerseits aus einem Zellenbau, in dem die minderjährigen Häftlinge in der Nacht oder als zusätzliche Isolierungsmaßnahme manchmal auch tagsüber eingesperrt waren. Die engen, zuweilen nicht einmal mit einer Heizung und einem Wasseranschluss versehenen Hafträume für ein bis zwei Personen können heute besichtigt und betreten werden.Andererseits stehen auf dem Gelände weitere Einrichtungen, die etwa für den Schulunterricht, den Sport, für Ausbildung und Arbeit, für das Ansehen von Filmen und Theaterstücken oder als Krankenstation genutzt wurden. Doch was so harmlos oder vielleicht sogar positiv klingt, konnte gleichfalls grausame Züge annehmen: Alles, was in Torgau unternommen wurde, diente dazu, den Charakter der Jugendlichen zu brechen und im Sinne der sozialistischen Weltanschauung einen neuen Menschen zu formen. Jedes Problem mit der Disziplin, jede Weigerung gegenüber den Worten eines Wärters wurde ebenso unverzüglich wie hart bestraft.
Die Haft als ungewisses Schicksal
Im Gegensatz zum Strafvollzug für Erwachsene existierten für die Einweisung in einen Jugendwerkhof nur unzureichende Richtlinien. Für welche Dauer die Betroffenen dort also eingeschlossen waren, wurde häufig willkürlich entschieden. Schon kleinere Verfehlungen während der Haft konnten zu einer Verlängerung der Sanktionen führen. Wie genau der Alltag der Häftlinge aussah, erfahren die Besucher der Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau im Rahmen einer Führung, bei der vor allem Kindern und Jugendlichen die Annäherung an das einstige Unrechtsregime ermöglicht werden soll.Zugleich widmet sich die Dauerausstellung einzelnen Schicksalen jener Personen, die in Torgau inhaftiert waren. Dargestellt werden somit nicht nur die Lebens- und Arbeitsbedingungen der weiblichen wie männlichen Häftlinge, sondern auch deren geringe Anlässe für die Einweisung und ihre nicht selten gescheiterte Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Denn dem eigenen Ziel, perfekte Menschen für das sozialistische System zu erschaffen, kamen die Jugendwerkhöfe in Torgau und anderen Teilen der DDR kaum einmal nach. Stattdessen wurde die Psyche der Jugendlichen dauerhaft gebrochen – viele der einst Inhaftierten leiden auch heute noch unter den Folgen der damaligen Misshandlungen. Community: 0 Bewertungen
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