Computermuseum Kiel: Zeitreise »back to the digital roots«
Von der nachhaltigen Rettungsidee zur denkmalgeschützten Sammlung
In den 1980er Jahren lagen immer mehr PC-Gehäuse, Festplatten, Lochbänder und Flachbandkabel vor den überfüllten Mäulern der Abgabestellen für Elektronikschrott. Die Vereinsgründe sahen diesen Trend mit Sorge, auch um unwiederbringliche Geschichtszeugen der Anfänge des digitalen Zeitalters. Sie gründeten einen Verein, sammelten den vermeintlichen Schrott und stellten ihn ab März 1982 in Räumen der damaligen Datenzentrale Schleswig-Holstein aus.Im Laufe von beinahe zwölf Sammeljahren fassten die Hallen beim heutigen dataport die Sammlung nicht länger. Der Förderverein der Fachhochschule Kiel übernahm die Sammlung und unterstützt seither die Suche nach weiteren digitalen »Dinosauriern« in der Kieler Region sowie online bei Gleichgesinnten. Von der Übernahme bis zur Eröffnung einer öffentlichen Ausstellung dauerte es allerdings weitere 16 Jahre.
Seitdem zogen die kostbaren Computerdenkmäler in den Hochbunker am Eichenbergskamp um. Ein paar Umbauten später und nach weiteren fünf Entwicklungsjahren wurden Ausstellung und Museumsevents zum Kieler Geheimtipp für Touristen und Bewohner. Von groß nach klein, von langsam und umständlich nach schnell und simpel können hier viele Zeitreise-Stationen der Computertechnik betrachtet werden.
Interaktives Ausstellungserlebnis vom Z1 bis zu modernen Notebooks
Der Bauingenieur Konrad Zuse gehörte zu den Visionären seiner Zeit, geboren in ein Zeitalter rasanter technischer Fortschritte. Aus seinen experimentellen Computerentwicklungen ist im Museum noch ein originaler Z11 zu sehen. Über 2.200 elektrische Relais mussten damals Berechnungen und Datenspeicherungen umsetzen. Dass daraus ein digitales Zeitalter entsteht, glaubte ihm lange niemand.Bereits vor dem Z1 gab es jahrhundertelange Bemühungen, mit technischer Hilfe zu rechnen. Solche Pionierprojekte sind ebenso zu sehen wie Großrechenanlagen aus der noch schnelleren Entwicklungszeit der 1950er bis 1980er Jahre. Beeindruckend ist der jüngere Ausstellungsteil, mit Notebooks und Computern der 1990er Jahre. Besucher starten mit einem 3D-Film einen Rundgang mit verschiedenen Multimediastationen.
Beliebt sind weitere Stationen zum Ausprobieren und Selbermachen. Dazu können moderne Computer im Museum wie alte Rechnersysteme bedient werden, gespeist mit einer Emulationssoftware. Das digitale Verhalten lässt sich mit dem eines Commodore C64 vergleichen. Vor allem Kinder und Jugendliche aus dem inzwischen stark digitalisierten Zeitalter toben sich gern an der aus ihrer Sicht »fossilen Technik« aus.
Führungen für private Besucher oder Besuchergruppen
Führungen durch das Computermuseum Kiel werden derzeit einmal monatlich angeboten. Bis zur Themenstation »Zeitreise« sind urige Ersttechnologien des Computers zu sehen, mit Relais, mit Röhren oder Transistor. Ebenso surreal scheinen mobile, in den 1960er Jahren noch hypersensible Speichermedien. Ein Lotse erklärt Mikroprozessoren und Lochkarten, Käfer oder Torten der EDV-Verarbeitung.Kaum zu glauben ist für viele Besucher das Funktionsprinzip aller Computer ab dem ersten Relais »Nullen und Einsen«. Wie es von dieser Schlichtheit zur heutigen Software kam, erfahren Besucher in Begleitung eines Lotsen. Für Zeitzeugen der 1970er Jahre aus der damaligen EDV-Berufswelt ist die Führungsstation »Erinnerungskiste 70er« bestimmt eine romantische Erinnerung, damals aus dem Zeitalter der Großrechner.
Führungsthema Drei ist »Mikroprozessor und PC«. Hier ist zu erleben, wie mit der Einführung von Mikroprozessoren plötzlich Computertechnik auch für Privathaushalte Alltagstechnik wurde. Selbst Laien werden beim gezeigten Schulfernsehen des NDR aus 1984 im Führungsteil »NDR-, Klein-Computer«. Mit den 15-minütigen Lehrsendungen konnten sich auch Laien einen PC für den Heimgebrauch selbst bauen.
Fazit
Um sich auf die Zukunft der Computertechnologie zu freuen, kann eine Zeitreise in die Anfänge spannend sein. Im Computermuseum Kiel finden Besucher Hardware und Vorläufer heutiger Software auf drei Museumsetagen, teilweise zum Anfassen, Ausprobieren und Mitmachen. Führungen durch erfahrene Lotsen sind unterhaltsam, ebenso wie der Blick beim Rundgang mit 3D-Technik und Multimediastationen.Community: 0 Bewertungen
Bewerten Sie diesen Ort.