Bei einer Klassenfahrt hält die Insel Rügen neben Meer und Sandstrand und hoffentlich Sonne auch Ausflugsziele für die Erweiterung des Bildungshorizontes parat.
Ein solches ist das Dokumentationszentrum Prora in der denkmalgeschützten Anlage des geplanten „KdF-Seebades Rügen“. Dieser Bau ist neben dem „Reichsparteitagsgelände“ in Nürnberg die größte geschlossene architektonische Hinterlassenschaft der NS-Diktatur. Die Ausstellung im Dokumentationszentrum ordnet das Bauwerk und die nationalsozialistische KdF-Organisation in das machtpolitische Kalkül der Nationalsozialisten ein und leistet damit einen Beitrag zur Zerstörung langlebiger Mythen um die Zeit des sogenannten „Dritten Reiches“.
Insel Rügen - Prora Dokumentationszentrum
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Der Koloss von außen
Prora ist ein Ortsteil von Binz und liegt direkt an der Ostseeküste. Hier entstand der sogenannte „Koloss von Prora“, mit über vier Kilometern Ausdehnung das längste Gebäude der Welt - alle Zimmer mit Meerblick! Erbaut wurde es zwischen 1936 und 1939 von der NS-Organisation „Kraft durch Freude“, einer Untergliederung der „Deutschen Arbeitsfront“, dem gleichgeschalteten nationalsozialistischen „Ersatz“ für die am 2. Mai 1933 zerschlagenen Freien Gewerkschaften. Geplant war, dass tausende Menschen unter der Ägide der KdF-Organisation gleichzeitig in der Anlage ihren Urlaub verbringen sollten. Nach der Grundsteinlegung im Mai 1936 erfolgten die ersten Arbeiten an den Fundamenten und am Rohbau ab 1938. Aber mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 wurden alle Bauarbeiten zugunsten von kriegswichtigen Projekten eingestellt; lediglich der Rohbau der Bettenhäuser und die Platzrandbebauung wurden realisiert. Während des Krieges nutzte man die Anlage als Ausbildungslager, Lazarett und zur Flüchtlingsunterbringung. Nach Kriegsende belegte die Rote Armee das Areal, und ab 1950 wurde der „Koloss“ zum Großteil zu einer riesigen Kasernenanlage für 10.000 Soldaten der Nationalen Volksarmee (NVA) umgebaut. Das umgebende Areal wurde zum Truppenübungsgelände und damit zum militärischen Sperrgebiet.
Aus dieser Zeit stammt aber auch ein Ferienheim für Militärangehörige und deren Familien. So wurde ein Teil der Anlage doch als Urlaubsdomizil genutzt. Angehörigen von NVA und Grenztruppen diente dieser Bereich als Erholungsheim und Kinderferienlager.
Später, ab Ende der 1960er Jahre, wurde Prora zunehmend zu einem Ausbildungsstandort der DDR-Armee entwickelt.
In den 1980er Jahren waren auch bis zu 500 Bausoldaten hier stationiert. In der DDR war es, anders als in der Bundesrepublik, nicht möglich, zivilen Wehrersatzdienst zu leisten. Dieses Grundrecht gab es dort nicht. Immerhin konnten junge Männer, die den Dienst an der Waffe ablehnten, zumindest als sogenannte Spatensoldaten in Baueinheiten dienen.
Das Dokumentationszentrum
Hier wird die Zeit des Nationalsozialismus in Bezug zur Insel Rügen und dem KdF-Seebad in besonderem Maße thematisiert. Die Dauerausstellung „MACHTUrlaub – Das KdF-Seebad Rügen und die deutsche Volksgemeinschaft“ informiert ausführlich über die Geschichte der Anlage, von der Planung über die Bauausführung bis hin zur propagandistischen Ausschlachtung durch die nationalsozialistischen Machthaber im Rahmen der Versuche zur Formung von „deutscher Volksgemeinschaft“ und „Führerstaat“. Hier werden Größenwahn und Ideologie des „Dritten Reiches“ deutlich. Die Ausstellung dokumentiert die Arbeits- und Lebenswelten der NS-Zeit, die Entstehungsgeschichte des „Kolosses“, die Pläne zu seiner Nutzung und die nationalsozialistische Propaganda, die damit verbunden war. Auch die Nachkriegshistorie des Bauwerkes findet ihre ausführliche Darstellung.
Außerdem gibt es Wechselausstellungen über geschichtliche und politische Themen, ebenso zu Architektur, Kunst und Natur.
Ein Tipp zum Abschluss
Ganz in der Nähe befindet sich der Baumwipfelpfad, da kann man gefahrlos in den Kronen großer Buchen herumwandern, bis auf eine Höhe von vierzig Metern über dem Erdboden. Es bietet sich nicht nur ein weiter Ausblick, sondern man erfährt auch mit Hilfe von Schautafeln, Modellen und Geräuschen einiges Wissenswertes über die Natur. Der Pfad ist barrierefrei, daher auch für Rollstuhlfahrer zugänglich.
Eine Schulklasse, die Rügen besucht, darf sich Prora und das Dokumentationszentrum nicht entgehen lassen. Die gelungene Darstellung der wechselhaften Geschichte dieses zeitgeschichtlichen Monumentes macht einen Besuch zum Erlebnis.
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