Direkt an der Etsch im Trentino liegt das außergewöhnliche und alte Städtchen Rovereto 25 Kilometer südlich von Trient. Autofahrern ist das Städtchen vom Namen bekannt, weil hier die Abfahrt von der Autobahn an den Gardasee liegt. Doch Rovereto ist viel zu schön, um nur als Durchgangsstation zu dienen. Für die internationale Kulturszene ist Rovereto eine Stadt von weltweiter Bedeutung.
Die Stadt des Friedens
Eine Reihe von neuen Wohnhochhäusern, sichtbar von der Autobahn, täuschen über den Charakter der Stadt. Sie besitzt einen intakten alten Kern und hat eine wechselvolle Stadtgeschichte von der venezianischen Herrschaft über den Kaiser Maximilian I. bis zu Eingliederung in die Grafschaft Tirol. Seidenbau hat die Stadt zum Erblühen nach dem 16. Jahrhundert zum Blühen gebracht. Mozart gab Weihnachten 1769 im Alter von nur 13 Jahren in der Villa des Barons Todeschi ein Konzert. Goethe hat auf seinem Weg an den Gardasee hier übernachtet.
Schwer hat Rovereto unter dem schrecklichen 1. Weltkrieg und den Kriegszügen Österreichs gelitten. Das Kriegsmuseum im Castel Veneto, die Gefallenenglocke (Friedens- oder Gefallenenglocke Maria Dolens) und das Beinhaus Castel Dante mahnen vor dem Vergessen des Krieges. Im Castel Dane liegen die sterblichen Überreste von 22.000 im ersten Weltkrieg bei einer Schlacht gefallenen Österreicher und Italiener. Die viertgrößte Glocke der Welt läutet jeden Abend 100 Glockenschläge als Mahnung gegen den Krieg auf dem Colle di Miravalle über der Stadt. Sie wurde 1924 auf Initiative des örtliche Priesters aus den Kanonen der Kriegsparteien gegossen. Heute nennt sich Rovereto "Die Stadt des Friedens". Jährlich gibt es in der Region Rovereto ein internationales Fußball- und Handballturnier mit dem Namen Torneo Città della Pace mit Jugendmannschaften aus ganz Europa statt.
Die lebendige Altstadt
Rund um die Piazza Rosmini mit prächtig bemalten Häusern und einem historischen Brunnen erstrahlt in Rovereto eine Altstadt mit vielen Gassen und fast zahllosen Palästen, die teilweise noch aus der venezianischen Zeit stammen. Über der Stadt thront die mächtige Festung, die die Venezianer errichtet haben. Südlich der Piazza Rosmini erfreut die prächtig mit Marmoraltären verzierte Kirche San Marco. Wunderschönen urbanen Zauber à la Italia verbreitet die Piazza Erbe, auf der oft Feste gefeiert werden. Die Gassen der quirligen Stadt sind mit einfachen Trattorien und edlen Restaurants sowie mit kleinen Geschäften gesäumt. Das Leben kommt hier von den Einwohnern, Touristen gibt es nur wenige. Neben der Kaffeerösterei der Kaffeedynastie Bontadi erzählt ein entzückendes Museum die Geschichte des Kaffees und der Bariste in Italien. Das Museum für Naturgeschichte führt im Planetarium in die zauberhafte Welt der Sterne.
Das Museo di Arte Moderna e Contemporanea di Trento e Rovereto (MART)
Die Kunstszene in Rovereto im 20. Jahrhundert wurde durch den Futuristen Fortunato Depero geprägt, der der Stadt nach seinem Tode 1960 eine riesige Sammlung mit futuristischen Gemälden, Theaterplakaten und Skulpturen hinterließ. In den Achtzigerjahren baute die Provinz Trentino in Rovereto für diese Sammlung und die moderne Kunst Italiens ein riesiges Museum, das MART. Mit dem Entwurf wurde der Tessiner Architekt Mario Botta aus Mendriso betraut. Neben der großen Ausstellungsfläche befinden sich im Museum Forschungseinrichtungen, eine Bibliothek, ein Museumsshop und eine Cafeteria. Botta löste brillant die Aufgabe, ein futuristisches Museum direkt neben zwei Palazzi aus dem 18. Jahrhundert zu realisieren. Die Museumsräume schließen direkt an die Palazzi an und sind um eine kreisrunde Agora, die an das Pantheon in Rom erinnert, angeordnet. Der Stararchitekt hat weltweit weitere Museumsbauten realisiert, so das Museum of Modern Art in San Francisco und die Stadt- und Landesbibliothek in Dortmund. Das Museum zeigt überwiegend italienische Kunst aus dem zwanzigsten und einundzwanzigsten Jahrhundert. Neben großen Grundströmungen wie dem Minimalismus, der Pop-Art, des neuen Realismus und anderer sind auch Werke zeitgenössischer Künstler aus der Region zu bewundern. Es ist dies ein außergewöhnlicher Ort. Das Museum wurde später durch die Casa d'Arte Futurista Depero in Roverto in einem Palazzo in der Nähe des Castello ergänzt, die sich ganz auf die futuristische Kunst und Depero konzentriert. So ist das kleine Rovereto zum einem der wichtigsten Treffpunkte der internationalen Kunst geworden.